«Die Idee kam eigentlich
von einer Kollegin. Die hatte früher schon mal Supervision gemacht.
Ich noch nicht. Aber in unserer Einrichtung war allen klar, dass wir uns
und unsere Arbeit behinderten, dass wir in unserem Sumpf nur schwer etwas
dagegen tun konnten, geschweige denn, uns am eigenen Schopfe da herausziehen.
Wir alle hatten uns auf eine Art der Zusammenarbeit eingerichtet, die uns
und unserer Arbeit nicht gut tat. Dabei gab es nicht einmal direkt Streit
unter uns, aber ich war schon manchmal an meiner Grenze. Eigentlich wollte
ich in absehbarer Zeit nach etwas anderem schauen.
Alle anderen waren dafür,
so habe ich mich darauf eingelassen -
Die Kollegin, von der die Idee
stammte, brachte eine Liste in die nächste Dienstbesprechung mit von
der Deutschen Gesellschaft für
Supervision und Coaching e.V. Da waren nach Postleitzahlen geordnet alle anerkannten
Supervisorinnen und Supervisoren verzeichnet.
Schon die Diskussion darum,
wen von der Liste wir denn anrufen sollten, wurde wieder zur Kontroverse.
Da keiner von uns jemanden von der Liste kannte, beschlossen wir, einfach
nach der örtlichen Nähe zu gehen. Immerhin, wir hatten nach langer
Zeit wieder einmal gemeinsam eine Entscheidung getroffen. Ich bekam den
Auftrag, telefonisch den Kontakt herzustellen und zu einem «Kennenlerngespräch»
einzuladen. Am nächsten Tag nahm ich mir die Liste und rief den ersten
Supervisor an. Ja, er habe Zeit zu dem vorgeschlagenen Termin und am Telefon
wolle er dann auch mit mir alleine gar nicht so viel besprechen, denn das
schließe ja die anderen Teammitglieder aus.
In der nächsten Woche
am Dienstagnachmittag erschien dann der Supervisor in unserer Einrichtung.
Er wollte von uns gerne wissen, welchen Auftrag wir ihm mit einer möglichen
Supervision geben würden.Irgendwie konnten wir das aber nut schwer
beantworten. Alles war ja irgendwie verschwommen. Von uns wollten dagegen
die meisten wissen, wie denn Supervision so vor sich ginge. Heute kann
ich sagen, daß man es schon selber ausprobieren, sich einlassen muß,
um Supervision wirklich kennen zu lernen.
Damals allerdings reichten
mir die Angaben des Supervisors.
Er vereinbare in der Regel
einen Prozeß von 15 Sitzungen mit einer Dauer von 90 Minuten. Die
Sitzungen fänden, soweit das terminlich ginge, alle drei oder vier
Wochen statt, bei uns in der Einrichtung. So haben wir es dann auch gemacht,
denn auch die Honorarfrage war schnell geklärt. In unserem Fall hat
der Träger der Einrichtung die Kosten übernommen. Schon zwei
Wochen nach dem Kontaktgespräch hatten wir die erste Sitzung. Das
ist jetzt etwa ein Jahr her. Gestern hatten wir die letzte, eine Auswertungssitzung.
Ich verstehe jetzt die Schwierigkeiten des Supervisors zu erklären,
was in einer Supervision passiert.
Zurückblickend kann ich
sagen, dass wir uns mit Supervision ganz sicherlich anders verändert
haben, als dies ohne Supervision der Fall gewesen wäre.
Ich habe eine ganze Menge über
die Hintergründe und Gründe der Verhaltensweisen meiner Kolleginnen
und Kollegen erfahren, und ich selbst konnte auch zu größerer
Offenheit kommen. Teilweise wurden damit Distanzen klarer, teilweise waren
damit Annäherungen möglich und akzeptierbar.
...im
geschützten Raum der Supervision
Mir ist am eindrücklichsten
eine Sitzung in Erinnerung, in der ich meine Zerissenheit zwischen Kündigen
und Bleiben thematisieren konnte. Ich durfte mir für jeden Teil von
mir eine Kollegin oder einen Kollegen wählen, für das Bleiben
und das Kündigen. Beide mußte ich kurz instruieren; was mir
jeweils beim Gedanken an Kündigung oder Bleiben durch den Kopf ging.
Aus einiger Entfernung konnte
ich dann anhören, ansehen und empfinden, wie die beiden Teile von
mir sich auseinandersetzten, personifiziert von zwei Teammitgliedern.
Letztlich wurde mir deutlich,
wie sehr mir die Anerkennung meiner Arbeit von den anderen Teammitgliedern
fehlte. Allein durch die Bereitschaft meiner Kollegen, sich so tief in
meine Anteile einzuleben, bekam ich natürlich schon eine große
Portion Wertschätzung. Das alleine tat schon gut. Aber vielmehr war
die beschriebene Szene der Auslöser für ein sehr ehrliches Gesprach
im Team. Ich glaube, daß ich kaum indiskret werde, wenn ich verrate,
daß es allen Kollegen und Kolleginnen genau wie mir ging. Alle vermißten
die gegenseitige Anerkennung der Arbeit.
In dieser und in anderen Sitzungen
ist einiges ins Fließen gekommen. Ich werde bleiben und in der Einrichtung
meinen verändernden Platz suchen. Eine andere Kollegin wird jedoch
eine höhere Qualifikation anstreben und bald gehen. Wir alle haben
beschlossen wieder Supervision zu machen - sobald der Etat dafür wieder
bewilligt ist. Das nächste Mal möchten wir dann uns und die sogenannten
Fälle, mit denen wir zu tun haben, in den Mittelpunkt der Supervision
stellen. Vielleicht suchen wir uns dazu eine Frau als Supervisorin.»
Unterscheidung zu anderen Beratungsformen & Therapie
Was ist nun aber das Typische,
oder das Besondere, oder vielleicht das Spezifische von Supervision?
Insgesamt fällt eine
Grenzziehung schwer, denn je nach persönlicher Prägung, überschneidet
sich Supervision bei dem einen Supervisor mit therapeutischen oder pädagogischen
Feldern, bei einem anderen mit organisationsuntersuchenden oder betriebswirtschaftlichen
Feldern.
Wem also einerseits die Grenzziehung
wichtig ist, und wer anderseits möglicherweise Kompetenzen aus benachbarten
Disziplinen im Supervisionsprozeß nutzen möchte, der tut gut
daran, eben jene Kompetenzen bei angefragten Supervisorinnen und Supervisoren
zu erkunden.
Dennoch muß es eine
Schnittmenge, einen kleinsten gemeinsamen Nenner für alle Supervisionen
geben:
Supervision bezieht sich letztendlich
immer den Menschen in seinem beruflichen Feld.
Es geht also vorrangig nicht
um private Probleme oder Chancen - etwa in der Partnerschaft. Aber gleich
nach diesem kleinsten gemeinsamen Nenner beginnen schon die Diskussionen
darum, wie weit Supervision gehen soll, darf, kann oder muß. Eine
allgemeingültige Abgrenzung kann es also nicht geben. Die folgenden Überlegungen
sind deshalb persönliche Gedanken, die zu Arbeitsbasis und Standortbestimmung
geworden sind.
Ausgehend von einem ganzheitlichen
Menschenbild agiert immer der ganze Mensch in seinem beruflichen Feld,
der ganze Mensch mit seiner Biographie, seinen privaten Bezügen, seiner
gesellschaftlichen Herkunft und Einbettung. Und deshalb können diese
Prägungen sowohl Möglichkeiten als auch Chancen für das
berufliche Handeln in sich bergen.
PRAXIS & VISION CONSULT ist
deshalb der Auffassung, dass alle diese Themen immer dann zur Supervision
gehören, wenn sie für die Veränderung am Arbeitsplatz eine Rolle
spielen. Wichtig ist uns dabei, dass das erfolgreiche und gesunde berufliche
Handeln das Ziel des Prozesses ist. Sollten die genannten Prägungen
so tiefe und grundlegende Ursachen haben, dass diese nur in der Regression,
das heißt im emotionalen und gedanklichen Zurückgehen in die
Entstehungszeit, bearbeitbar sein, dann ist dies in jedem Fall nicht mehr
Aufgabe von Supervision, sondern eine therapeutische Intervention angesagt.
Daneben tauchen in vielen Supervisionsprozessen
die organisatorischen Bedingungen und Vorgaben auf und so ist Organisationsberatung
für uns häufig Bestandteil des Prozesses.
Auch wenn - oftmals kostentragend
- die Institutionen ein berechtigtes Interesse an der Verbesserung der
Arbeit durch Supervision haben, stehen auch hier für uns die Supervisandinnen
und Supervisanden im Zentrum des Auftrages.
Also weniger: Wie kann
die Institution auch ohne Rücksicht auf in ihr arbeitenden Personen
erfolgreich sein? sondern mehr: Wie können die in der Institution
arbeitenden Menschen so berücksichtigt werden, damit sie und die Institution
erfolgreich arbeiten können?
Darin unterscheiden wir unsere
Supervision deutlich von allein betriebswirtschaftlich orientierten Unternehmensberatungen.
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